Camille
Claudel
Skulpturen und Zeichnungen
Eine Ausstellung in der Kunsthalle Rostock
Camille Claudel – eine Muse, ein Modell, eine heimliche
Geliebte und vor allem eine Bildhauerin deren Werke Zeugnis
einer überdurchschnittlich talentierten Künstlerin
sind.
Wenn der Name Camille Claudel fällt, sagen viele Leute:
Ach die Frau, die mit Auguste Rodin zusammen war und ihn
inspirierte.
Falsch!
Camille Claudel, die Frau, die als Erste erfolgreich in
einen bis dahin ausschließlich nur von Männern
beherrschten Zweig der Kunst vordrang und bereits mit 17
Jahren ihre Porträtbüste "Die alte Helene"
beim Salon de la Societé des Artistes francais ausstellen
konnte. Ein Privileg, auf das der große Auguste Rodin
viele Jahre warten musste.
Die Ausstellung in Rostock widmet sich den Arbeiten der
Künstlerin, welche die Bildhauerei in den Jahren zwischen
1879 und 1906 um viele wertvolle Skulpturen und Büsten
bereicherte.
Zwar mögen die in der Ausstellung gezeigten Werke zahlenmäßig
relativ klein sein, doch ihre hohe künstlerische Qualität
lässt den interessierten Besucher ganz auf seine Kosten
kommen.
Vor allem die Porträtbüsten bestechen durch ihre
verblüffende Realitätstreue und Lebendigkeit.
Dass diese wertvolle und interessante Ausstellung in der
Stadt Rostock gezeigt werden kann, ist keine Selbstverständlichkeit.
Bisher ist Rostock erst der zweite Ort in Deutschland –
und wird vorerst auch der Letzte sein - der die Werke der
Künstlerin ausstellt.
Am 19. Januar 2007 wurde die Ausstellung mit einem Festakt
feierlich in der Kunsthalle eröffnet. Das Foyer konnte
die Besucher kaum fassen, die deswegen gekommen waren.
In kurzen Ansprachen wurde noch einmal die Bedeutung des
Werkes von Camille Claudel betont.
Die Ausstellung will, statt der Muse Rodins, die Künstlerin
hervorheben, um ihr den Platz in der Geschichte der Kunst
zu geben, der ihr eigentlich zusteht, damit die Leute nicht
mehr sagen: Ach, die Frau, die mit Auguste Rodin zusammen
war und ihn inspirierte.
Ich war bei der Eröffnung der Ausstellung dabei und
gehörte bis dahin auch zu jener Schar, die nicht viel
um die künstlerischen Arbeiten dieser Frau wusste.
Entsprechend beeindruckt wanderte ich durch die Ausstellungsräume
und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Der größte Teil der Exponate waren Skulpturen
von einer solchen Lebendigkeit, dass man als Besucher leicht
der Versuchung erliegen konnte, die Gesichter zu berühren,
die so lebensnah und ausdrucksstark daherkamen.
Jedes Gesicht erzählte eine andere Geschichte vom Leben
mit all seinen Höhen und Tiefen.
Skizzen und Studien zu den Werken, dazu Zeichnungen und
auch Karikaturen auf Kosten Rodins bereichern die Ausstellung.
Aussagen von Camille Claudel, auf weißen Stoffbahnen
gedruckt, runden den Gesamteindruck ab.
Begleitet werden ihre Werke auch von überdimensionalen
Fotos, welche die Künstlerin in verschiedenen Abschnitten
ihres Lebens und ihrer Schaffensperiode zeigen.
Die Gestaltung und Ausstattung des Ausstellungsbereiches
sind im schlichten Weiß gehalten, in dem die zumeist
bronzefarbenen Skulpturen besonders gut zur Geltung gebracht
werden.
Keine störenden Farben oder Spielereien lenken das
Auge des Betrachters von den Objekten ab.
Meine besonderen Favoriten sind zwei Skulptur von ähnlicher
Komposition, die aber unterschiedlicher nicht sein können.
In beiden Fällen geht es um eine Frau vor einem Kamin.
Die heitere und gelassenere Skulptur zeigt eine Frau auf
einen Stuhl an einem gediegenen schlichten Kamin sitzend.
Sie ist leicht nach vorn gebeugt und ihr Kopf drückt
ihre Wange gegen den Stein. Die Frau ist eingeschlafen und
nur der Kamin schützt sie davor vom Stuhl herabzurutschen
auf dem sie nur noch halb ruht. Claudel hat diesen Moment
mit viel Heiterkeit und Würde eingefangen.
Wie anders dagegen ist die zweite Variation des Themas.
Hier kniet eine Frau vor einem hohen Kamin mit schlanken
Säulen. Die Arme sind ausgestreckt während sie
sich mit den Händen am Kaminsims abstützt. Gedankenversunken
schaut die schlanke Frau in die Glut. Der Gesamteindruck
hier ist von einer sanften Melancholie geprägt.
Es gäbe noch so viele andere Werke zu erwähnen,
aber was ist die bloße Beschreibung gegenüber
eines persönlichen Besuches dieser außergewöhnlichen
Ausstellung?
Besuchen Sie die Kunsthalle in Rostock: Es lohnt sich.
E.G.
Rostock, 2007-01-19
Kunsthalle Rostock
Ausstellungsdauer: 20. Januar bis 1. April 2007
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10.00 -18.00
Uhr
Eintritt: 5,00 €, ermäßigt 2,50 €,
Familienkarte 8,00 €
Hinweis für gehbehinderte Besucher:
Die Ausstellung befindet sich im Obergeschoss der Kunsthalle
zu der man nur über eine Treppe gelangt. Ein Fahrstuhl
steht nicht zur Verfügung.
|